Ursula von der Leyen - Laudatorin 2007

Anne Will
v.l.: Ursula von der Leyen und Anne Will.

"Es ist eine große Ehre für mich, diese Laudatio halten zu können.

Und es hat mich sehr gefreut, liebe Anne Will, dass die Wahl der Jury des Hanns-Joachim-Friedrich-Preises in diesem Jahr auf Sie gefallen ist.

Herzlichen Glückwunsch!

Es ist ein ganz besonderer Preis, weil er von Freunden gestiftet wurde,die das Andenken dieses besonderen Journalisten damit lebendig halten.

Journalistisches Können, Unabhängigkeit und Fairness, dazu ein unverwechselbarer Stil, eine gewisse Eleganz und Souveränität, das ist Anspruch und Vermächtnis von Hanns-Joachim Friedrichs.

Eine hohe Messlatte für die Preisträgerinnen und Preisträger!

Ich werde manchmal zitiert mit einem Satz, den ich im Fernsehen gesagt habe: „Zuviel Fernsehen macht dick, dumm und traurig."

Ich möchte an dieser Stelle eines klarstellen: Anne Will im Fernsehen macht das Gegenteil:
Die Tagesthemen - die Sendung, mit der ich Anne Will in den vergangenen Jahren vor allem verbinde - ist eine kluge Sendung, die sich Zeit nimmt für Hintergründe und Erklärungen zu den Themen des Tages. Nachrichten werden nicht reißerisch ausgeschlachtet, sondern von verschiedenen Seiten beleuchtet und in größere Zusammenhänge gestellt. Das macht klug!

Und zuviel davon kann man gar nicht bekommen, weil Anne Will sich auch rar macht. Das ist ganz im Sinne von Hanns-Joachim Friedrichs.

Sie, liebe Anne Will, haben den Tagesthemen - und damit dem seriösen Nachrichtenjournalismus in Deutschland - in den vergangenen Jahren ein neues Gesicht gegeben: Ihr Gesicht, Ihre Präsenz, Ihre Stimme, nicht zu vergessen das schon fast berühmte angedeutete Hochziehen der Augenbraue, Ihre Handhaltung, diese kleinen Gesten, die der einen oder anderen Nachricht einen Moment der Ironie gibt, ohne dass sie ihre Ernsthaftigkeit verliert.

Wer heute eine Nachrichtensendung wie bei den Tagesthemen macht, die Texte schreibt und spricht, braucht Persönlichkeit, Urteilskraft, Verantwortungsbewusstsein und politische Klugheit.

Denn die Auswahl der Nachrichten hilft uns wie kaum etwas anderes im Fernsehen, uns zu orientieren in einer Fülle von Informationen, in der auch Bilder nicht immer die ganze Geschichte erzählen.

Ihnen ist diese Orientierung in der Welt der Nachrichten besonders gut gelungen: kompetent, vertrauenswürdig und mit einem angedeuteten Augenzwinkern.
Dies Maß an Distanz, Souveränität und Selbstverständlichkeit im Umgang mit dem Medium - wenn das Schule macht, dann macht uns das Fernsehen nicht dumm, sondern wirklich klüger.

Ich weiß nicht, ob Sie die bewegungsfreudige Augenbraue schon als Moderatorin der Sportschau eingesetzt haben und wie diese Geste dort angekommen wäre.
Aber Ihre Souveränität im Umgang mit dem Fernsehen, Ihre Sachkompetenz und Ihre Ausstrahlung - Das haben Sie jedenfalls nicht nur in den Tagesthemen gezeigt, sondern in so unterschiedlichen Formaten wie der Sportberichterstattung und jetzt dem politischen Sonntagabend in Ihrer eigenen Sendung.

Meine Damen und Herren, noch etwas möchte ich hervorheben, weil es untrennbar dazugehört zu der Journalistin und Persönlichkeit, die heute verdientermaßen ausgezeichnet wird:
Ihr Engagement, Frau Will, für Afrika, für Kleinkredite und gegen Landminen.

Es ist gut, wenn Menschen sich engagieren, und es ist gut, wenn Prominente sich engagieren; denn das strahlt aus und ermutigt auch andere zum Engagement.

Ihr Eintreten für Frieden und Entwicklung in Afrika zeigt darüber hinaus, dass Ihnen die Nachrichten, die Sie uns in den Tagesthemen präsentiert haben, nicht gleichgültig sind.

Bei aller gebotenen journalistischen Distanz, die Hanns-Joachim Friedrichs zu Recht immer angemahnt hat: Sie haben eine Meinung und es gibt Anliegen, die Ihnen wichtig sind und am Herzen liegen. Dafür stehen Sie ein, auch in der Öffentlichkeit.

Liebe Anne Will, seit ein paar Wochen sind Sie nun die Moderatorin der wichtigsten politischen Talksendung am Sonntagabend im deutschen Fernsehen. Sie machen das ganz im Stil einer Hanns-Joachim-Friedrichs-Preisträgerin: Ihre Moderation ist zurückhaltend genug, um den Gästen und ihren Beiträgen Raum zu geben, und gleichzeitig so präsent, dass Sie Ihre Gäste auch aus der Reserve locken: vor allem durch kurze und präzise Fragen und Nachfragen. Wer über politische Diskussionen im Bilde sein will, kommt jetzt am Sonntagabend nicht mehr vorbei an

Prime time. Anne Will.

Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und, noch einmal: Herzlichen Glückwunsch zur verdienten Auszeichnung!"