Westfälische Rundschau

Westfälische Rundschau - Dortmund, 20.10.1998

Fernsehpreis für Hans-Josef Dreckmann
Die Krise holt ihn immer wieder ein

Von Rainer Tittelbach

Er ist einer der ganz großen Kenner des schwarzen Kontinents. Ob Bürgerkrieg im Kongo oder Hungersnot in Äthiopien - Hans-Josef Dreckmann (60) Ist vor Ort. Seit Ende 1994 leitet er das ARD-Studio Nairobi. Bereits von 1980 bis 87 war er für den W DR in Ostafrika. Heute bekommt der zweifache Grimme-Preisträger den Hanns-Joachim Friedrichs-Preis (WDR, 23.15 Uhr).

Für seine Afrika-Arbeit insgesamt nimmt Dreckmann die Ehrung gern entgegen. Bei einem Preis, der Ihm ausschließlich für eine Krisenberichterstattung wie die Flüchtlingskatastrophe in Zaire verliehen worden wäre, hätte er gezögert. „ich bin nicht, will nicht und werde nie ein Kriegs- und Krisenberichterstatter sein.“

Dreckmann ist der Inbegriff des bescheidenen, integren Journalisten. Gehofft hatte er, in Afrika eine Nische zu finden, in der man sich nicht dem Aktualitätswahn unterwerfen müsse. Doch CNN und auch die großen Nachrichtenagenturen haben das Afrika der Hungersnöte und des Massensterbens als Nachrichten-Markt entdeckt. Dies verfestige das Bild: "Afrika in der Aktualität ist Krisenberichterstattung. Eine gute Nachricht ist nunmal keine Nachricht."

Bleiben die Hintergrund-Berichte im „Weltspiegel", Reportagen fürs dritte Programm oder, wie zuletzt die großangelegte Tour durch Tansania. Ironie des Schicksals, daß Dreckmann den TV-Trip nach zwei Wochen abbrechen und Sabine Bohland die letzte Woche allein bestreiten mußte. Der Kongo rief, Hungersnot im Südsudan, der Terror in Nairobi. Also, wie gehabt; Krisenberichterstattung.

Dreckmann versucht, den „fremden Kontinent' fair zu beurteilen. „So wie CNN oder auch die deutschen Privatsender Afrika begegnen, ist für mich der Tatbestand der üblen Nachrede." Dieses Verkürzen auf Brutalität und Hoffnungslosigkeit. Widerlich findet er auch Korrespondenten, die mit kugelsicherer Weste vor die Kamera treten. Er würde nie eine tragen, auch wenn er schon häufiger Angst gehabt hat.

In seiner preisgekrönten Reihe „2x.." hat Dreckmann Anfang der 80er Jahre Länder wie Kenia oder Sambia mit einem afrikanischen Ko-Autor aus zwei Sichtweisen gezeigt. „Mein Traum war immer, wenn nicht einen schwarzen Kameramann, so doch wenigstens einen schwarzen Toningenieur im Team zu haben." Er hat nie einen guten gefunden. In einem Punkt fühlt sich Hans Josef Dreckmann heute freier als 1980: „Ich muß nicht mehr beweisen, daß ich kein Rassist bin!"